Bahá'u'lláh - Geschichte

 
 
 
 
 
 


Bahá'u'lláh - Schriften

 
 
 
 
 
 

 

Bahá'u'lláh - Schriften über die menschliche Seele

Es ist klar und einleuchtend: Wenn die hüllenden Schleier um die Wirklichkeiten der Offenbarungen der Namen und Eigenschaften Gottes, ja alles Erschaffenen, sichtbar und unsichtbar, zerrissen worden sind, wird nichts bleiben als das Zeichen Gottes, ein Zeichen, das Er selbst in diese Wirklichkeiten gelegt hat. Dieses Zeichen wird so lange bestehen, wie es der Herr, dein Gott, Herr der Himmel und der Erde, wünscht. Wenn die Segnungen, die allem Erschaffenen zuteil wurden, so groß sind, wie hoch überlegen muß da das Schicksal des wahren Gläubigen sein, dessen Sein und Leben als ursächlicher Zweck aller Schöpfung anzusehen ist. Wie der Begriff des Glaubens seit dem Anfang, der keinen Anfang hat, bestand und bis zum Ende, das kein Ende hat, dauern wird, so wird der wahre Gläubige gleichfalls ewig leben und bestehen. Sein Geist wird ewiglich den Willen Gottes umkreisen. Er wird so lange bestehen, wie Gott selbst bestehen wird. Er ist offenbart durch die Offenbarung Gottes und ist verborgen auf Sein Geheiß. Es ist klar, daß die hehrsten Wohnungen im Reiche der Unsterblichkeit denen zur Stätte bestimmt sind, die wahrhaft an Gott und Seine Zeichen geglaubt haben. Der Tod kann niemals zu dieser heiligen Stätte dringen. So haben Wir dir die Zeichen deines Herrn anvertraut, damit du in der Liebe zu Ihm ausharrest und zu denen gehörest, die diese Wahrheit begreifen. [1]



Du hast Mich gefragt, ob der Mensch, abgesehen von Gottes Propheten und Seinen Auserwählten, nach dem körperlichen Tode dieselbe Eigenart und Persönlichkeit, dasselbe Bewußtsein, denselben Verstand beibehalte, die sein Leben in dieser Welt auszeichnen. Wäre dies der Fall, wie kommt es dann, so wendest du ein, daß leichte Schädigungen der geistigen Fähigkeiten wie Ohnmacht und schwere Krankheit dem Menschen Verstand und Bewußtsein rauben, während sein Tod, der den Zerfall seines Leibes und die Auflösung seiner Bestandteile mit sich bringt, machtlos ist, diesen Verstand zu zerstören und dieses Bewußtsein auszulöschen? Wie kann man sich vorstellen, daß Bewußtsein und Persönlichkeit des Menschen erhalten bleiben, wenn gerade die für ihr Bestehen und Wirken notwendigen Werkzeuge völlig aufgelöst sein werden?

Wisse, daß die Seele des Menschen über alle Gebrechlichkeit des Leibes und des Verstandes erhaben und davon unabhängig ist. Daß ein Kranker Zeichen der Schwäche aufweist, ist den Hindernissen zuzuschreiben, die sich bei ihm zwischen Seele und Leib legen; denn die Seele selbst bleibt unberührt von jedem körperlichen Leiden. Denke an das Licht der Lampe. Wenn auch ein Gegenstand von außen ihr Strahlen beeinträchtigen kann, so scheint das Licht selbst doch mit unverminderter Stärke weiter. Ebenso ist jedes Gebrechen des menschlichen Leibes ein Hindernis für die Seele, das sie davon abhält, ihre innere Kraft und Stärke zu zeigen. Wenn sie jedoch den Leib verläßt, wird sie solche Überlegenheit beweisen, solchen Einfluß entfalten, daß keine Macht der Erde dem gleichkommen kann. jede reine, jede geläuterte und geheiligte Seele wird mit gewaltiger Macht begabt sein und in überschäumender Freude jubeln.

Denke an die Lampe, die unter einem Scheffel verborgen ist. Wenn auch ihr Licht leuchtet, ihr Schein dringt nicht zu den Menschen. Denke ebenso an die Sonne, die von Wolken verdunkelt wird. Beachte, wie ihr Glanz scheinbar abnimmt, während die Quelle jenes Lichtes in Wirklichkeit unverändert bleibt. Die Seele des Menschen gleiche dieser Sonne und alle Dinge auf Erden entsprechen seinem Leib. Solange kein äußeres Hindernis sie trennt, wird der Leib in seiner Gesamtheit das Licht der Seele widerspiegeln und von ihrer Kraft unterstützt werden. Aber sobald sich ein Schleier zwischen beide legt, scheint die Helligkeit des Lichtes abzunehmen.

Denke wiederum an die Sonne, wenn sie völlig hinter Wolken verborgen ist. Obwohl die Erde noch von ihrem Licht erhellt wird, ist doch die Menge Lichtes, die sie empfängt, viel geringer geworden. Erst wenn sich die Wolken verzogen haben, kann die Sonne wieder in voller Pracht erstrahlen. Die natürliche Leuchtkraft der Sonne wird jedoch nicht davon berührt, ob nun Wolken da sind oder nicht. Die Seele des Menschen ist die Sonne, die seinen Leib erleuchtet und ihm Nahrung spendet, und sollte auch dafür angesehen werden.

Bedenke ferner, wie die Frucht, ehe sie Gestalt annimmt, als Anlage im Baume liegt. Würde der Baum in Stücke gehauen, so könnte man doch kein Anzeichen und nicht das kleinste Teilchen einer Frucht darin finden. Sobald sie aber hervortritt, wird sie, wie du selber feststellst, in wunderbarer Schönheit und herrlicher Vollkommenheit sichtbar. Manche Früchte erreichen ihre volle Reife freilich erst, nachdem sie vom Baume gepflückt worden sind. [2]


Nun zu deiner Frage über die Seele des Menschen und ihr Fortleben nach dem Tode. Wisse wahrlich, daß die Seele nach ihrer Trennung vom Leibe weiter fortschreitet, bis sie die Gegenwart Gottes erreicht, in einem Zustand und einer Beschaffenheit, die weder der Lauf der Zeiten und Jahrhunderte noch der Wechsel und Wandel dieser Welt ändern können. Sie wird so lange bestehen, wie das Reich Gottes, Seine Allgewalt, Seine Herrschaft und Macht bestehen werden. Sie wird die Zeichen Gottes und Seine Eigenschaften offenbaren, Seine Gnade und Huld enthüllen. Meine Feder stockt, wenn sie die Höhe und Herrlichkeit einer so erhabenen Stufe gebührend zu beschreiben sucht. Mit solcher Ehre wird die Hand der Barmherzigkeit die Seele bekleiden, daß keine Zunge es gebührend schildern noch ein anderes irdisches Mittel es beschreiben kann. Gesegnet die Seele, die zur Stunde ihrer Trennung vom Leibe über die eitlen Vorstellungen der Völker dieser Welt geheiligt ist. Eine solche Seele lebt und wirkt im Einklang mit dem Willen ihres Schöpfers und geht in das allhöchste Paradies ein. Die Himmelsdienerinnen, Bewohnerinnen der erhabensten Stätten, werden sie umschreiten, und die Propheten Gottes und Seine Auserwählten werden ihre Gesellschaft suchen. Mit ihnen wird die Seele frei verkehren und ihnen berichten, was sie auf ihrem Wege zu Gott, dem Herrn aller Welten, erdulden mußte. Erführe ein Mensch, was einer solchen Seele in den Welten Gottes, des Herrn des Thrones in der Höhe und auf Erden hienieden, verordnet ist, er entflammte sogleich mit seinem ganzen Wesen im überwältigenden Verlangen, diese erhabenste, diese geheiligte, strahlende Stufe zu erreichen.

... Das Wesen der Seele nach dem Tode läßt sich niemals beschreiben, noch ist es angemessen und erlaubt, ihre ganze Beschaffenheit den Augen der Menschen zu enthüllen, Die Propheten und Boten Gottes wurden zu dem einzigen Zweck herabgesandt, die Menschheit auf den geraden Pfad der Wahrheit zu führen. Ihre Offenbarung hat den Zweck, alle Menschen zu erziehen, damit sie zur Todesstunde in größter Reinheit und Heiligkeit, in völliger Loslösung zum Throne des Höchsten aufsteigen. Das Licht, das diese Seelen ausstrahlen, bewirkt den Fortschritt der Welt und den Aufstieg ihrer Völker. Sie sind wie Sauerteig, der die Welt des Seins durchdringt, und bilden die Lebenskraft, welche die Künste und wunder der Welt zustande bringt. Durch sie regnen die Wolken ihre Segensgaben auf die Menschen nieder, bringt die Erde ihre Früchte hervor. Alle Dinge haben zwangsläufig eine Ursache, eine treibende Kraft, einen belebenden Grund. Diese Seelen, Sinnbilder der Loslösung, haben der Welt des Daseins den höchsten belebenden Antrieb gegeben und werden ihn auch weiterhin geben. Das jenseits ist so verschieden vom Diesseits wie diese Welt von der des Kindes, das noch im Mutterleib ist.

Wenn die Seele in die Gegenwart Gottes gelangt, wird sie die Gestalt annehmen, die ihrer Unsterblichkeit am besten ansteht und ihrer himmlischen Wohnstatt würdig ist. Solches Dasein ist ein bedingtes, kein absolutes Dasein, insofern als ersterem eine Ursache zugrunde liegt, während letzteres unabhängig davon ist. Absolutes Dasein kommt nur Gott zu, gepriesen sei Seine Herrlichkeit! Wohl denen, die diese Wahrheit erfassen. Wolltest du im Herzen über das Verhalten der Propheten Gottes nachdenken, du würdest sicherlich bereitwillig bezeugen, daß es außer dieser Welt unbedingt andere Welten geben muß. Die meisten der wahrhaft Weisen und Gelehrten haben alle Zeitalter hindurch, wie es die Feder der Herrlichkeit im Tablet der Weisheit aufgezeichnet hat, die Wahrheit dessen bezeugt, was Gottes heilige Schrift offenbart hat. Selbst die Materialisten haben in ihren Schriften die Weisheit dieser gottberufenen Boten bezeugt und die Hinweise der Propheten auf Paradies, Höllenfeuer, künftige Belohnung und Bestrafung dem Wunsche zugeschrieben, die Seelen der Menschen zu erziehen und zu erheben. Beachte darum, wie die Menschheit allgemein, was immer ihr Glaube oder Weltbild sei, die Vortrefflichkeit der Propheten Gottes erkannt und ihre Überlegenheit zugegeben hat. Diese Perlen der Loslösung werden von den einen als Verkörperungen der Weisheit begrüßt, während andere sie für das Sprachrohr Gottes selbst halten. Wie hätten diese Seelen sich ihren Feinden ausliefern lassen, wenn sie geglaubt hätten, daß alle Welten Gottes auf dieses irdische Leben beschränkt seien? Würden sie freiwillig solche Not und Qual ertragen haben, wie kein Mensch sie je erlitten oder erlebt hat? [3]


Du hast Mich nach dem Wesen der Seele gefragt. Wisse wahrlich, daß die Seele ein Zeichen Gottes ist, ein himmlischer Edelstein, dessen Wirklichkeit die gelehrtesten Menschen nicht zu begreifen vermögen, und dessen Geheimnis kein noch so scharfer Verstand je zu enträtseln hoffen kann. Sie ist von allen erschaffenen Dingen das erste, das die Vollkommenheit des Schöpfers verkündet, Seine Herrlichkeit anerkennt, sich an Seine Wahrheit hält und sich in Anbetung vor Ihm niederbeugt. Wenn sie Gott treu ist, wird sie Sein Licht widerstrahlen und schließlich zu Ihm zurückkehren. Wenn sie jedoch die Treuepflicht gegenüber ihrem Schöpfer vergißt, wird sie ein Opfer des Selbstes und der Leidenschaften werden und am Ende in deren Abgründen versinken.

Wer immer an diesem Tage den Zweifeln und Einbildungen der Menschen verwehrt, ihn von der Wahrheit des Urewigen abzuhalten, wer dem Aufruhr durch geistliche und weltliche Mächte nicht verstattet, ihn von der Anerkennung Seiner Botschaft abzulenken, der wird von Gott, dem Herrn aller Menschen, als eines Seiner mächtigen Zeichen betrachtet und zu denen gezählt, deren Namen die Feder des Höchsten in Seinem Buche verzeichnet hat. Gesegnet ist, wer die wahre Gestalt einer solchen Seele sieht, ihre Stufe anerkennt und ihre Tugenden entdeckt.

In den alten Büchern steht vieles über die verschiedenen Zustände in der Entwicklung der Seele, wie Fleischeslust, Jähzorn, Eingebung, Wohlwollen, Genügsamkeit, göttliches Wohlgefallen und dergleichen; die Feder des Höchsten will jedoch nicht dabei verweilen. Jede Seele, die an diesem Tage demütig mit ihrem Gott wandelt und sich an Ihn hält, wird sich mit der Ehre und Herrlichkeit aller schönen Namen und Stufen begabt finden.

Wenn ein Mensch schläft, kann man von seiner Seele keinesfalls behaupten, sie sei in ihrem Wesen von äußeren Dingen beeinflußt. Sie neigt von sich aus zu keinem Wechsel ihres ursprünglichen Zustandes oder ihrer Beschaffenheit. jede Änderung in ihren Funktionen muß äußeren Ursachen zugeschrieben werden. Diese äußeren Einflüsse sind es, auf die alle Veränderungen in ihrer Umwelt, ihrem Verständnis und Wahrnehmungsvermögen zurückgeführt werden sollten.

Denke an das menschliche Auge. Obwohl es die Fähigkeit besitzt, alles Erschaffene wahrzunehmen, kann doch das kleinste Hindernis sein Sehvermögen so hemmen, daß es ihm unmöglich wird, überhaupt noch einen Gegenstand zu erkennen. Verherrlicht sei der Name Dessen, der diese Ursachen erschaffen hat und ihr Urheber ist, der verfügt hat, daß jeder Wechsel und Wandel in der Welt des Seins von ihnen abhängig sei. Alles Erschaffene im ganzen All ist nur ein Tor zu Seiner Erkenntnis, ein Zeichen Seiner Herrschaft, eine Offenbarung Seiner Namen, ein Sinnbild seiner Erhabenheit, ein Beweis Seiner Macht, ein Zugang zu Seinem geraden Pfade....

Wahrlich, Ich sage, die menschliche Seele ist in ihrem Wesen eines der Zeichen Gottes, ein Geheimnis unter Seinen Geheimnissen. Sie ist ein mächtiges Zeichen des Allmächtigen, der Herold, der die Wirklichkeit aller Welten Gottes verkündet. In ihr liegt verborgen, was die Welt jetzt unmöglich begreifen kann. Sinne im Herzen über die Offenbarung der Seele Gottes nach, wie sie alle Seine Gesetze durchdringt, und stelle sie dem niedrigen, begehrlichen Wesen gegenüber, das sich gegen Ihn auflehnt, das den Menschen verbietet, sich dem Herrn der Namen zuzuwenden, und sie antreibt, ihren verderbten Lüsten zu folgen. Eine solche Seele ist wahrlich weit auf dem Pfade des Irrtums dahingewandert....

Du fragst Mich ferner über den Zustand der Seele nach ihrer Trennung vom Leib. Wisse wahrlich, daß die Seele des Menschen, wenn sie auf den Wegen Gottes gewandelt ist, gewiß zurückkehrt und zur Herrlichkeit des Geliebten versammelt wird. Bei der Gerechtigkeit Gottes! Sie wird eine Stufe erreichen, die keine Feder beschreiben, keine Zunge schildern kann. Die Seele, die der Sache Gottes treu bleibt und unbeirrbar Seinem Pfade folgt, wird nach ihrem Aufstieg solche Kraft besitzen, daß alle Welten, die der Allmächtige erschaffen hat, durch sie gefördert werden können. Eine solche Seele sorgt auf Geheiß des wahren Königs und göttlichen Erziehers für den reinen Sauerteig, der die Welt des Seins durchdringt und jene Kraft spendet, durch welche die Künste und Wunderwerke der Welt offenbar werden. Bedenke, wie das Mehl den Sauerteig braucht, damit er es durchsetzt. Diese Seelen, die Sinnbilder der Loslösung, sind der Sauerteig der Welt. Denke darüber nach und gehöre zu den Dankbaren.

In mehreren Unserer Tablets haben Wir dieses Thema berührt und die verschiedenen Entwicklungsstufen der Seele aufgezeigt. Wahrlich, Ich sage, die menschliche Seele ist über allen Austritt und alle Rückkehr erhaben. Sie ist in Ruhe und doch schwingt sie sich auf; sie schreitet fort, und doch ist sie in Ruhe. Sie ist in sich selbst Beweis für das Dasein einer bedingten Welt wie auch für die Wirklichkeit einer Welt, die weder Anfang noch Ende hat. Siehe, wie dein Traum nach vielen Jahren vor deinen Augen wieder abrollt. Bedenke, wie seltsam das Geheimnis der Welt ist, die dir im Traum erscheint. Bewege die unerforschliche Weisheit Gottes in deinem Herzen und versenke dich in ihre mannigfaltigen Offenbarungen....

Bezeuge die wunderbaren Beweise der Schöpferkraft Gottes und sinne über ihren Umfang und ihr Wesen nach. Er, das Siegel der Propheten, hat gesagt: »Laß mich über Dich, o Gott, noch mehr erstaunt und verwundert sein!«

Was deine Frage betrifft, ob die stoffliche Welt Begrenzungen unterworfen sei, so wisse, daß das Verstehen dieser Tatsache vom Betrachter selbst abhängt. In gewissem Sinne ist diese Welt begrenzt, in anderem ist sie über alle Begrenzungen erhaben. Der eine, wahre Gott ist von Ewigkeit her dagewesen und wird ewig da sein. Seine Schöpfung hat keinen Anfang und wird kein Ende haben. Alles, was erschaffen ist, setzt jedoch eine Ursache voraus. Diese Tatsache begründet in sich selbst, ohne den Schatten eines Zweifels, die Einheit des Schöpfers.

Du fragst Mich ferner nach dem Wesen der himmlischen Sphären. Um ihr Wesen zu begreifen, muß man eingehend erforschen, was die Angaben der alten Bücher über die himmlischen Sphären und die Himmel bedeuten. Man muß aufdecken, wie sie mit dieser stofflichen Welt zusammenhängen und welchen Einfluß sie darauf ausüben. jedes Herz gerät ins Staunen bei einem so verwirrenden Thema, und jeder Geist ist über dessen Rätsel bestürzt. Gott allein kann seine Bedeutung ermessen. Die Gelehrten, die das Leben dieser Erde auf einige tausend Jahre anberaumten, haben es während der langen Zeit ihrer Beobachtungen versäumt, der anderen Planeten Zahl und Alter zu berücksichtigen. Bedenke überdies die vielfältigen Widersprüche, die sich aus den Theorien dieser Menschen ergeben. Wisse, daß jeder Fixstern seine eigenen Planeten hat und jeder Planet seine eigenen Geschöpfe, deren Zahl kein Mensch errechnen kann.

O du, der du deine Augen auf Mein Angesicht gerichtet hast! Der Tagesanbruch der Herrlichkeit hat an diesem Tage seinen Glanz offenbart, und es ruft die Stimme des Höchsten. Wir haben früher geäußert: »Dies ist nicht der Tag, da ein Mensch seinen Herrn zu befragen hat. Wer den Ruf Gottes vernommen hat, der durch Ihn, den Morgen der Herrlichkeit, erschallt, dem steht es an, sich zu erheben und auszurufen: Hier bin ich, hier bin ich, o Herr aller Namen. Hier bin ich, hier bin ich, o Schöpfer der Himmel! Ich bezeuge, daß Deine Offenbarung offenbart hat, was in den Büchern Gottes verborgen lag, und daß alles, was Deine Boten in den heiligen Schriften aufgezeichnet hatten, erfüllt ist.« [4]


Bedenke die Gabe des Verstandes, die Gott dem Wesen des Menschen verliehen hat. Prüfe dein eigenes Selbst und sich, wie deine Bewegung und Ruhe, dein Wille und deine Absicht, dein Gesicht und Gehör, dein Geruchsinn und Sprachvermögen und alles, was sonst mit deinen leiblichen Sinnen oder deinen geistigen Wahrnehmungen zusammenhängt oder was diese überragt, aus eben jener Gabe hervorgeht und ihr sein Dasein verdankt. So eng ist dies alles mit der Verstandesgabe verbunden, daß dann, wenn ihre Verbindung zum menschlichen Körper auch nur für einen Augenblick unterbrochen wird, jede sinnliche Wahrnehmung sofort aufhört und die Kraft verliert, Beweise ihrer Tätigkeit zu geben. Es ist ohne Zweifel klar und offenkundig, daß jedes der genannten Werkzeuge, um seinen Zweck erfüllen zu können, von der Verstandesgabe abhängig ist und immer abhängig sein wird. Die Verstandesgabe muß als ein Zeichen der Offenbarung Dessen angesehen werden, der der höchste Herr über alles ist. Die Manifestation der Verstandesgabe hat alle Namen und Eigenschaften enthüllt, und mit der Einstellung ihrer Tätigkeit werden sie alle zunichte und gehen unter.

Es wäre völlig falsch zu behaupten, diese Gabe sei dasselbe wie die Sehkraft, da die Sehkraft von ihr abgeleitet ist und in Abhängigkeit von ihr wirkt. Ebenso wäre es müßig zu meinen, diese Gabe sei dem Gehörsinn gleichzusetzen, da der Gehörsinn die nötige Kraft zur Ausübung seiner Tätigkeit von der Verstandesgabe erhält.

Der gleiche Zusammenhang verbindet die Verstandesgabe mit allem, was im menschlichen Körper Empfänger von Namen und Eigenschaften ist. Die verschiedenen Namen und offenbarten Eigenschaften sind durch dieses Zeichen Gottes bewirkt. Unermeßlich erhaben in Wesen und Wirklichkeit ist dieses Zeichen über alle Namen und Eigenschaften. Verglichen mit seiner Herrlichkeit, verblaßt alles andere zu bloßem Nichts und fällt dem Vergessen anheim.

Würdest du in deinem Herzen von nun an bis zum Ende, das kein Ende hat, mit dem gesammelten Begriffsvermögen und Verständnis, das die größten Geister in der Vergangenheit erreicht haben oder in der Zukunft erreichen werden, über diese gottgefügte, tiefgründige Wirklichkeit, dieses Zeichen der Offenbarung des allewigen, allherrlichen Gottes nachdenken, du würdest dennoch weder sein Geheimnis verstehen noch seinen Wert ermessen können. Wenn du deine Machtlosigkeit erkannt hast, diese in dir ruhende Wirklichkeit hinreichend zu verstehen, dann wirst du bereitwillig zugeben, daß du oder jedes andere Geschöpf sich vergeblich mühen würde, das Geheimnis des lebendigen Gottes, der Sonne unvergänglicher Herrlichkeit, des Altehrwürdigen ewiger Tage, zu ergründen. Dieses Eingeständnis der Hilflosigkeit, zu dem reife Überlegung schließlich jeden Geist führen muß, ist in sich selbst der Höhepunkt menschlichen Verstehens, der Gipfel der menschlichen Entwicklung. [5]


Betrachte den einen, wahren Gott als Einen, der anders als alles Erschaffene und unermeßlich darüber erhaben ist. Das ganze Weltall strahlt Seine Herrlichkeit wider, während Er selbst von Seinen Geschöpfen unabhängig ist und sie weit überragt. Dies ist die wahre Bedeutung göttlicher Einheit. Er, die ewige Wahrheit, ist die eine Macht, welche unbestrittene Herrschaft über die Welt des Seins ausübt, eine Macht, deren Bild im Spiegel der ganzen Schöpfung zurückgeworfen wird. Alles Dasein hängt von Ihm ab, und aus Ihm strömt der Lebensquell aller Dinge. Dies ist die Bedeutung göttlicher Einheit, dies ist ihr Grundgedanke.

Manche haben sich, von ihren Hirngespinsten verführt, alles Erschaffene als Gottes Gefährten und Genossen vorgestellt und sich selbst für die Deuter Seiner Einheit gehalten. Bei Ihm, dem einen, wahren Gott! Solche Menschen waren und bleiben Opfer blinder Nachahmung und sind zu denen zu zählen, die den Gottesbegriff eingeengt und begrenzt haben.

Wahrhaft an die göttliche Einheit glaubt, wer, weit davon entfernt, Zweiheit mit Einheit zu verwechseln, keinem Gedanken an Vielheit erlaubt, seine Vorstellung von der Einzigkeit Gottes zu trüben, wer Gott in Seinem ureigenen Wesen als den Einen betrachtet, der in Seiner Wirklichkeit alle Begrenzungen durch Zahlen übersteigt.

Der Glaube an die göttliche Einheit besteht im wesentlichen darin, Ihn, die Manifestation Gottes, und Ihn, das unsichtbare, unzugängliche, unerkennbare Wesen, als einen und denselben zu betrachten. Das bedeutet, daß alles, was dem erstgenannten angehört, all Sein Tun und Handeln, Sein Gebot oder Verbot in jeder Hinsicht, unter allen Umständen und ohne Vorbehalt dem willen Gottes gleich ist. Dies ist die höchste Stufe, die zu erlangen ein wahrhaft an die Einheit Gottes Glaubender jemals hoffen kann. Selig der Mensch, der diese Stufe erreicht und zu den Standhaften im Glauben gehört. [6]


O Meine Diener! Es geziemt euch, euere Seelen mit den huldvollen Gnadengaben, die in dieser göttlichen, dieser herzerquickenden Frühlingszeit auf euch herabströmen, zu erquicken und neu zu beleben. Die Sonne Seiner großen Herrlichkeit hat ihre Strahlen auf euch ergossen, die Wolken Seiner grenzenlosen Gnade haben euch überschattet. Wie groß ist der Lohn dessen, der sich nicht selbst einer so großen Gnade beraubt noch verfehlt, die Schönheit seines Meistgeliebten in diesem Seinem neuen Gewande zu erkennen.

Sprich: O Volk! Die Lampe Gottes brennt; gebt acht, daß nicht die grimmen Winde eueres Ungehorsams ihr Licht verlöschen, jetzt ist die Zeit, euch zu erheben und den Herrn, eueren Gott, zu verherrlichen. Strebt nicht nach leiblichem Behagen; haltet euer Herz rein und fleckenlos. Der Böse liegt auf der Lauer, bereit, euch zu überlisten. Rüstet euch gegen seine List und Tücke, befreit euch, geleitet vom Lichte des Namens des einen, wahren Gottes, aus dem Dunkel, das euch umfängt. Vereinigt euere Gedanken auf den Vielgeliebten, statt sie auf euer Selbst zu richten.

Sprich: O ihr, die ihr euch verirrt und eueren Weg verloren habt! Der göttliche Bote, der nichts als die Wahrheit spricht, hat euch das Kommen des Meistgeliebten verkündet. Seht, Er ist nun da. Warum seid ihr niedergeschlagen und mutlos? Warum bleibt ihr verzagt, wo doch der Reine, der Verborgene unverhüllt unter euch erschienen ist? Er, Anfang und Ende, Er, Ruhe und Bewegung, ist jetzt vor eueren Augen offenbar. Seht, wie an diesem Tage der Anfang im Ende sich spiegelt, wie aus der Ruhe die Bewegung hervorging. Diese Bewegung wurde von den starken Kräften erzeugt, welche die Worte des Allmächtigen in der ganzen Schöpfung ausgelöst haben.

Wen ihre belebende Kraft erquickt, der wird sich getrieben fühlen, zum Hofe des Geliebten zu gelangen, und wer sich selbst ihrer beraubt, der wird in hoffnungslose Verzweiflung sinken. Wahrhaft weise ist, wen die Welt und alles, was in ihr ist, nicht davon abhält, das Licht dieses Tages zu erkennen, wen das leere Gerede der Menschen nicht vom Wege der Rechtschaffenheit ablenkt. Einem Toten gleicht fürwahr, wer sich an dem wunderbaren Morgen dieser Offenbarung nicht von ihrem herzerquickenden Odem beleben läßt. Ein Gefangener ist wahrlich, wer den höchsten Erlöser nicht erkennt, sondern seine Seele elend und hilflos in den Fesseln seiner Leidenschaften schmachten läßt.

O Meine Diener! Wer immer von diesem Quell gekostet hat, ist zu ewigem Leben gelangt, und wer daraus zu trinken sich weigert, gleicht einem Toten. Sprich: O ihr Übeltäter! Der süßen Stimme des Allgenügenden zu lauschen, hat die Begehrlichkeit euch gehindert. Tilgt sie aus eueren Herzen, damit Sein göttliches Geheimnis euch bekannt werde. Seht Ihn, offenbar und strahlend wie die Sonne in all ihrer Herrlichkeit.

Sprich: O ihr Verständnislosen! Schwere Prüfung setzt euch nach und wird plötzlich über euch kommen. Rafft euch auf, damit sie vielleicht vorübergehe, ohne euch Schaden zuzufügen. Anerkennt in seinem erhabenen Rang den Namen des Herrn, eueres Gottes, der in der Größe Seiner Herrlichkeit zu euch gekommen ist. Er ist wahrlich der Allwissende, der Allbesitzende, der höchste Beschützer [7]


Nun zu deiner Frage, ob die Menschenseelen nach ihrer Trennung vom Leibe einander weiterhin erkennen können. Wisse, daß die Seelen des Volkes Bahá, die in die Rote Arche eingegangen sind und darin wohnen, sich vereinigen, innig miteinander verbinden und in ihrem Leben, ihren Wünschen, Zielen und Bestrebungen so eng verwachsen, als wären sie eine Seele. Sie sind wirklich die Wohlunterrichteten, die Scharfsichtigen und Verständigen. So ist es von Ihm, dem Allwissenden, dem Allweisen, bestimmt.

Vom Volke Bahá, das die Arche Gottes bewohnt, ist jeder einzelne über Zustand und Lage der anderen wohl unterrichtet; sie sind vereint durch die Bande vertrauter Freundschaft. Ein solcher Zustand muß jedoch von ihrem Glauben und Wandel abhängen. Die von gleichem Grad und Rang sind gegenseitig ihrer Fähigkeiten, ihrer Wesensart, ihrer Leistungen und Verdienste völlig gewahr. Die von niedrigerem Rang sind jedoch unfähig, die Stufe der über ihnen Stehenden zu begreifen oder ihre Verdienste zu beurteilen. Jeder wird seinen Anteil von deinem Herrn empfangen. Selig der Mensch, der sein Angesicht Gott zuwendet und unerschütterlich in Seiner Liebe wandert, bis sich seine Seele zu Gott aufschwingt, dem höchsten Herrn über alles, dem Machtvollsten, dem Immervergebenden, dem Allerbarmer.

Aber den Seelen der Ungläubigen wird beim letzten Atemzug, dies bezeuge Ich, alles Gute zum Bewußtsein kommen, das ihnen entgangen ist, sie werden ihren Zustand beklagen und sich vor Gott demütigen. Damit werden sie nach der Trennung ihrer Seele vom Leib fortfahren.

Es ist klar und einleuchtend, daß alle Menschen nach ihrem leiblichen Tode den Wert ihrer Taten abschätzen und alles erkennen werden, was ihre Hände bewirkt haben, Ich schwöre bei der Sonne, die über dem Horizonte göttlicher Macht strahlt! Wer dem einen, wahren Gott folgt, wird, wenn er aus diesem Leben scheidet, unbeschreibliche Freude und Fröhlichkeit empfinden, während jene, die im Irrtum leben, von Furcht und zittern ergriffen und von einer Bestürzung erfüllt sein werden, die nichts übertreffen kann. Wohl dem, der durch die gnädige Gunst und die mannigfaltigen Wohltaten des Herrn über alle Bekenntnisse den erlesenen, unverderblichen Wein des Glaubens getrunken hat....

Dies ist der Tag, da die Geliebten Gottes ihre Augen auf Seine Manifestation richten und fest auf das blicken sollten, was immer diese Manifestation zu verkünden beliebt. Gewisse Überlieferungen vergangener Zeiten entbehren jeder Grundlage, während die von früheren Geschlechtern gehegten, in ihren Büchern niedergelegten Meinungen zumeist von den Wünschen verderbter Neigung geprägt sind. Du bezeugst, wie die meisten Erläuterungen und Auslegungen der Worte Gottes, die jetzt bei den Menschen in Umlauf sind, der Wahrheit entbehren. In manchen Fällen trat ihre Falschheit zutage, als die trennenden Schleier zerrissen wurden. Sie selbst haben zugegeben, keines der Worte Gottes begriffen zu haben.

Unsere Absicht ist zu zeigen, daß das Verhalten der Geliebten Gottes vor Gott als höchst verdienstvoll gälte, wenn sie Herz und Ohr von dem nichtigen Gerede früherer Zeiten läuterten und sich mit innerster Seele Ihm, dem Tagesanbruch Seiner Offenbarung, und allem, was Er verkündet hat, zuwendeten....

Preise Seinen Namen und gehöre zu den Dankbaren. Überbringe Meine Grüße Meinen Geliebten, die Gott für Seine Liebe auserkoren hat und die Er zu ihren Zielen gelangen ließ. Aller Ruhm sei Gott, dem Herrn aller Welten. [8]


1. Bahá'u'lláh, Ährenlese (Bahá'í-Verlag GmbH, Langenhain 1980), LXXIII, p. 126.

2. ibid. LXXX, pp. 136-137.

3. ibid. LXXXI, pp. 138-140.

4. ibid. LXXXII, pp. 141-144.

5. ibid. LXXXIII, pp. 145-146.

6. ibid. LXXXIV, p. 147.

7. ibid. LXXXV, pp. 148-149.

8. ibid. LXXXVI, pp. 150-151.

 

Weitere Informationen erhalten Sie unter:

www.bahai.de
Hier erfahren Sie mehr die aktuellen Aktivitäten der deutschen und internationalen Gemeinde

www.bahai-studien.de
Homepage der Gesellschaft für Bahai-Studien. Hier finden Sie neue Publikationen, ein Recherche-Tool zum Auffinden von Texten uvm.

www.bahai-verlag.de
Hier können Sie Bücher, CDs etc. anschauen und bestellen

www.bahaullah.org
Neue englischsprachige Webseite

Copyright © 2006 Bahaullah.com. Alle Rechte vorbehalten.